27.11.2024

Grundsteinlegung

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Am 1. April 1914 wurde in einem feierlichen Akt der Grundstein für den Bau des Leipziger Bismarckturms gelegt.

Anwesend am Fuße des aufgeschütteten Hügels waren die Mitglieder des Ausschusses zur Errichtung eines Bismarckturmes bei Leipzig, die Familienmitglieder des inzwischen verstorbenen Otto Erler, Vertreter der Königlichen, der Städtischen und der Gemeindebehörde, sowie zahlreiche Ehrengäste. Alle wurden von Nachfahren Erlers mit Bismarcks Lieblingsblume, der Heideblume, geschmückt.

Nach dem einleitenden Gesang des Liedes „Wie könnt’ ich dein vergessen, ich weiß, was du mir bist“ durch den Leipziger Männerchor unter Leitung des Königlichen Musikdirektors Gustav Wohlgemuth hielt der Vorsitzende Ausschusses, Kaufmann Friedrich Gontard folgende Rede:

Mit Gott für König und Vaterland! Mit Gott für Kaiser und Reich! Hochgeehrte Gäste, liebe Freunde! Bei dem Werke, dass wir heute beginnen, drängt sich zunächst ein Wort des Dankes auf unsere Lippen, ein Wort des Dankes an alle, die mitgeholfen haben, unser schönes Werk vorwärts zu bringen, an alle, die, auch von hoher Stelle, heute hierher kamen, um ihr Interesse an unserem Unternehmen zu bekunden. Doch mit der Freude des Dankes geht die Wehmut Hand in Hand. Denn der Urheber und Hauptförderer unseres Werkes, Otto Erler, weilt nicht mehr unter uns. In dankbarer Treue sei heute seiner gedacht.
Einen Grundstein wollen wir legen; festgemauert mag er ruhen – wir hoffen: viele Jahre, tragend die Lasten des Turmes, der weithin schauen soll über die Lande und hinüber grüßen soll nach unserer lieben Vaterstadt und auch nach jener Stelle, wo Bismarcks Voreltern mütterlicherseits ihren Wohnsitz hatten. Möchte heute übers Jahr, bei Bismarcks 100-jähriger Geburtstagsfeier, der Turm fertig dastehen und unserer Vaterstadt als Hüterin übergeben werden können.
Noch zittert vielen von uns der Eindruck nach, den die Einweihung des leuchtenden Ehrenmales der Völkerschlacht erweckte. Und wie der späteste Enkel die Leipziger Schlacht preisen wird, wird er auch preisen das Gedächtnis Bismarcks. So erstehe im Kranze der deutschen Bismarcktürme auch dieser lieblichen Lindenstadt und dem Leipziger Lande das Erinnerungsmal für ihn.
Schlicht war der Sinn unseres Bismarck, Schlicht sei deshalb auch das Mal. Nicht dem Heros Bismarck soll unser Wahrzeichen gelten, sondern der Gesinnung und Kraft, wie sie sich in ihm zum Heile unseres Volkes geoffenbart hat: der Kraft des Deutschen, die Deutschlands Einheit schmiedete und sich doch hütete, in öder Gleichmacherei die Persönlichkeit, Eigenart und Freiheit der deutschen Stämme, Stände und Bürger zu vernichten; der Kraft des Menschen, der nichts Menschliches fremd war, die die soziale Gesetzgebung veranlasste und die doch allen internationalen und republikanischen Träumereien des deutschen Michels fernblieb; der Kraft des Christen, die ihn in Demut eingedenk sein lässt, dass er auch fehlen konnte und dass er nur ein Werkzeug in Gottes Hand war, die ihn aber auch den Seinen und vor allem seinem kaiserlichen Herrn gegenüber treu machte, die ihn schließlich auch widersprechen ließ, wenn sein Gewissen es verlangte und die ihm in wichtigen Zeiten die Entschlussfähigkeit zum Handeln verlieh.
Sicher ist es also im Sinne Bismarcks, wenn wir nicht einen prunkenden Altar errichten, dessen Flammen für einen selbstgefälligen Patriotismus Weihrauch bedeuten, sondern einen schlichten Wachtturm, der als mahnender Finger gen Himmel zeigt, und dessen Flamme als Mahnzeichen weithin leuchten soll. Er soll uns zurufen: Deutsches Volk bleibe dir selbst treu! Aber lerne auch aus deiner tausendjährigen Geschichte und behalte den Sinn für die Wirklichkeit. Pflege die Güter des Friedens und freue dich ihrer. Aber bleibe auch hart, und wenn es sein muss, zeige deine Stärke, wie jener Schmied von Deutschlands Einheit seinen Hammer Funken sprühen ließ im Augenblicke, da er wusste, dass er traf.
So wache denn, Turm, und sei ein Mahnzeichen an dich, deutsches Volk, und deine Führer:
„Enkel mögen kraftvoll walten,
Schwer Errungenes zu erhalten.“

Nach diesen Worten folgte die Einmauerung einer von Kupfer umschlossenen Urkunde zusammen mit einigen Münzen und Zeitungen. Anschließend wurden Hammerschläge auf den Grundstein abgegeben:

  • Vorsitzender Gontard: Deus det incrementum.
  • Schatzmeister Zenker: Sei gesegnet, mein Stein, stehe lang und halte fest! Deutschem Reiche zu Nutz – seiner Jugend zur Lehr’ – jedem Feind zum Trutz – unserm Bismarck zur Ehr’!
  • Schriftführer Pfarrer Meltzer: Bismarck als Vorbild im Glauben an Gott, im Glauben an die hohe Bestimmung unseres Volkes, im Glauben an unsere Pflicht dazu zu helfen.
  • Geheimrat Dr. Ayrer als Vertreter des Kreishauptmanns: Was du erwirkt – als heiliges Vermächtnis / Bewahr’s im unvergänglichen Gedächtnis, / Ein dankbar Volk, im Herzen fort und fort!
  • Amtshauptmann von Nostitz-Wallwitz.
  • Bürgermeister Roth als Vertreter des Oberbürgermeisters: Er erfülle die Sehnsucht der Vergangenheit, er schuf die Grundlage für die kraftvolle Entwicklung der Gegenwart; in der Erhaltung und Fortsetzung seines Werkes liegt unseres Volkes Zukunft.
  • Superintendent von Leipzig II Geheimrat D. Hartung.
  • Bezirksschulinspektor Vetter: Ein heiliger Malstein Bismarckscher unverbrüchlicher Treue gegen Kaiser, König und Vaterland; Bismarckscher ungeheuchelter Frömmigkeit und Bismarckschen eisernen Vertrauens auf Gott und die eigene Kraft.
  • Gemeindevorstand Flämig: Ein Wahrzeichen des wiedererstandenen deutschen Reiches, als Zeichen unvergesslicher Verehrung unseres Altreichskanzlers Fürsten Bismarck, und zum Wohl und zur Zierde des hiesigen Ortes.
  • Architekt Hermann Kunze: Dem deutschesten aller deutschen Helden, dem Menschen Bismarck als Künder wahrer vaterländischer Begeisterung, dem Genius unseres Volkes, der uns in ernstester Stunde neu geboren werden möge!
  • Max Pommer als Baumeister.

Nach den Hammerschlägen sprach Pfarrer Meltzer ein Weihegebet und der Männerchor sang Julius Ottos „Zuruf an Deutschland“. Nach der Begutachtung des Bauplatzes trafen sich die Festteilnehmer noch kurze Zeit zu einem Festfrühschoppen im Gasthof Schmeißer in Hänichen.